„Ein Foto für die Ewigkeit“ (1911)

Geschrieben von admin -

on September 2, 2023

Den ganzen Tag wurden Möbel am Haus von Franz Dittrich in der Giebelstraße vorbeigetragen. Er hatte an diesem ersten Apriltag Spätschicht und beobachtete von einem Fenster zur Straße das emsige Treiben, während seine Frau in der Spülküche das Frühstückgeschirr abwusch. Eigentlich war sein Platz nach dem Frühstück auf der Eckbank, von der aus er in den kleinen Garten blicken konnte. Aber heute war ein besonderer Tag. Heute zogen seine Nachbarn in die anderen Häuser in der Giebelstraße. Fritz war unsicher, ob er das gut fand oder nicht. Die letzten drei Wochen seit seinem Einzug hatte er sich nicht um die Nachbarn scheren müssen. Einzig die letzten Bauarbeiten in der Siedlung, für die Fuhrwerke über die Lehmwege rollten, störten die Ruhe. Das würde jetzt anders werden.

„Ich bin froh, wenn die anderen Häuser endlich auch bezogen sind.“ Seine Frau Bernhardine war unbemerkt zu ihm getreten. „Das war doch unheimlich, so ganz allein in der Siedlung. Und dann immer der Gedanke, dass der Einzug eigentlich erst ab dem 1. April erlaubt war. Ich habe immer damit gerechnet, dass die Frau Geheimrat mitkriegt, dass wir schon hier sind.“ (Fortsetzung irgendwann irgendwo 🙂 )

Ob sich die ersten beiden Mieter der Margarethenhöhe in Essen wirklich angefreundet haben, ist nicht überliefert, dieser Teil der Geschichte ist erfunden. Richtig ist, dass ab dem 1. April 1911 die ersten 85 Familien in die Gartenstadt gezogen sind, für die Margarethe Krupp 1906 eine Stiftung gegründet hat. Auch die Namen der ersten Straßen, die in der Geschichte erwähnt werden, stimmen, die Giebelstraße heißt heute allerdings Steile Straße. © 2023 Dr. Birgit Ebbert www.zeitenlese.de

Diese Geschichte entstand im Rahmen des Förderprogramms „150 Jahre Villa Hügel – 150 Projekte für das Ruhrgebiet“ der Alfried Krupp von Bohlen Halbach Stiftung.

Margarethe Krupp und die Margarethenhöhe

Die Gartenstadt Margarethenhöhe fasziniert mich schon seit Jahren, in den letzten Jahren habe ich mich damit intensiver beschäftigt, um einen Roman über Margarethe Krupp und ihren Stadtteil zu schreiben. Wo gibt es das schon, dass ein Mensch gezielt daran mitgewirkt hat, dass ein ganzer Stadtteil entsteht und dieser vom Stadtrat dann auch noch den Namen der Person erhält. So war es bei der Margarethenhöhe. Wie es dazu kam, habe ich recherchiert und in dem Roman „Die Königin von der Ruhr“ (Lübbe 2023) erzählt.

Die Förderung aus dem Förderprogramm der Krupp-Stiftung habe ich übrigens unabhängig von dem Roman bekommen – es tat mir sogar leid, dass ich zum Zeitpunkt der Bewerbung noch nicht erwähnen durfte, dass es den Roman geben wird 🙂 Dass die Margarethenhöhe auch noch in meinen Zeitenlese-Geschichten vorkommt, liegt daran, dass ich so fasziniert bin von dem Gedanken, dass der Stadtteil in Essen, der heute viel größer ist als die Margarethenhöhe, nach einer Frau benannt wurde – zu einer Zeit, als bürgerliche Frauen noch wenig zu melden hatten.

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1910er-Jahre